Pressebericht Nachhaltiges Bauen
 
 

"Nachhaltiges Bauen" - Großes Interesse an einem wichtigen Thema
Infoveranstaltung der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen mit Stadträtin Martina Berthold und Experten

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(Salzburg, 20.11.2019) Die Robert-Jungk-Bibliothek wurde von Smart City Salzburg beauftragt, in ihrer Reihe "Projekte des Wandels" eine Infoveranstaltung zum Thema "Nachhaltiges Bauen" auszurichten. Das Interesse war groß. Über hundert BesucherInnen waren am 18. November 2019 ins Architekturhaus Salzburg der Initiative Architektur gekommen, um mit Experten und Stadträtin Martina Berthold über "Simple Smart Buildings" zu diskutieren bzw. über die Frage, "was wir von Gebäuden lernen können, die Jahrhunderte überdauern." 

Neben der Neuordnung der Mobilität sei ökologisches Bauen ein zentrales Zukunftsfeld, so die für Umwelt und Bauen zuständige Stadträtin Martina Berthold in der Einführung. Der Klimawandel heize die Städte auf, was neue Lösungen etwa durch Begrünungen brauche. Aber es gehe auch um das Raumklima und nachhaltige Baustoffe, so Berthold.

Was Naturmaterialien leisten und was wir aus alten Gebäuden hierfür ableiten können, machten die Hauptredner Dr. Friedrich Idam und Dr. Günter Kain von der Höheren Technischen Bundeslehranstalt in Hallstatt deutlich. Sie plädierten dafür, Baustoffe wie Holz, Lehm oder Gestein für das Bauen zu verwenden. "Materialien, die regional vorhanden sind, ein angenehmes Raumklima schaffen und lange Lebensdauer garantieren."

Friedrich Idam ist Experte für architektonische Baudenkmalpflege und Bauphysik und als solcher  Mitglied der ICOMOS Österreich Monitoring Group, Zuständigkeitsbereich für die UNESCO Welterbestädte "Altstadt von Salzburg". Er forderte den Erhalt alter Bauten, die meist ein sehr gutes Raumklima und auch eine zufriedenstellende Energieeffizienz aufweisen, sowie eine Wiederbelebung der handwerklichen Bildung, die wir in der Reparaturgesellschaft brauchen werden. Am Beispiel des Burgtheaters in Wien illustrierte Idam das ausgeklügelte Belüftungssystems dieses Altbaus.

Günter Kain, der als Materialwissenschaftler auch an der Fachhochschule Salzburg tätig ist, zeigte an Beispielen, dass Naturmaterialien in Tests häufig Baustoffen wie Zement oder Kunststoffisolierungen überlegen seien. So könne Rindengranulat, ein Abfallprodukt der Sägeindustrie, als wirksamer Dämmstoff eingesetzt werden, um Styropor zu ersetzen. Einfaches Bauen mit lokalen Rohstoffen sei insbesondere für die Länder des Südens von Bedeutung. Selber Bauen könnte aber auch bei uns neu kommen, so Kain.

Entscheidend sind die Lebenshaltungs- und Wartungskosten von Gebäuden

Baumeister DI Gunther Graupner, Geschäftsführer des Salzburger Kompetenzzentrums Bauforschung, bestätigte die Befunde der Referenten. Von seinem Institut durchgeführte Umfragen haben ergeben, dass High Tech Gebäude häufig störanfällig und sehr wartungsintensiv sind. Graupner plädierte dafür, nicht nur die Baukosten, sondern auch die Lebenszyklus- und Wartungskosten von Gebäuden bei der Planung zu berücksichtigen.

Für Architekt Franz Seidl, Vizepräsident der Kammer der ZiviltechnikerInnen, ArchitektInnen und IngenierInnen OÖ und Salzburg, sind  Baumaterialien nur ein Aspekt für nachhaltiges Bauen. Vorwiegend seien Standort- und Raumordnungsfragen sowie Nutzung und Nutzerverhalten für die Nachhaltigkeit von Gebäuden relevant.  Der Verwendung von Naturbaustoffen schrieb Seidl derzeit nur eine Nischenfunktion zu, obwohl die Vielfalt und Qualität in den letzten Jahren einen größeren Einsatz erwarten lässt. Die erhöhte Lebensdauer von Wohngebäuden müsse sowohl bei Lebenszykluskosten wie auch bei Finanzierungsfragen  wesentlich berücksichtigt werden.  

Baudirektor DI Alexander Schrank, als Geschäftsführer der Stadt Immobilien GmbH für die städtischen Bauten zuständig, verwies auf moderne Bauten in Salzburg mit hohen Energiestandards, etwa den neuen Bildungscampus in Gnigl oder das neue Paracelsusbad. Schrank brachte das Thema der optimalen Nutzung bestehender Gebäude ein. Über 4000 Wohnungen würden in der Stadt Salzburg leer stehen, diese zu mobilisieren wäre eine wichtige ökologische Maßnahme, da hierfür gar keine Ressourcen verbraucht würden. Dass Altbauten hohe Wohnqualität ermöglichen, bestärkte er an den vielen Gründerzeit-Bauten Salzburgs.

Stadträtin Martina Berthold bekräftigte ihr Vorhaben, in Sachen ökologisches Bauen dran zu bleiben. Geplant sei ein erster Holzbau, eine neue Schule in Lehen. Das vielfältige Know-how zum Thema, das es in Salzburg mit dem Holztechnikum Kuchl und dem Kompetenzzentrum Bauforschung gebe, soll noch mehr genutzt werden. Auch auf die Freiraumgestaltung – Stichwort mehr Grün in die Stadt – müsse noch mehr Augenmerk gelegt werden. Die Mobilisierung leerstehenden Wohnraums könnte durch ein Hauptwohnsitzgebot vorangebracht werden. 

Das Thema „Nachhaltiges Bauen“ wird aktuell bleiben, weil in Zukunft Baustoffe in eine Kreislaufwirtschaft ("Circular Economy") integriert werden müssen. Zudem würden Trends wie Gemeinschaftswohnen, „Coliving“ und „Coworking“, flexible Wohnnutzung oder autoreduziertes Wohnen an Bedeutung gewinnen, so Moderator und Organisator Hans Holzinger von der Robert-Jungk-Bibliothek abschließend.

Hier finden Sie den Bericht zur Veranstaltung.

Bildtext: "Nachhaltiges Bauen" Expertenrunde mit (v.l.n.r.) Baumeister DI Günter Graupner (Salzburger Kompetenzzentrum Bauforschung), Arch. Franz Seidl (Vizepräsident der zt Kammer), Stadträtin Mag.a Martin Berthold (Umwelt und Bauen), Baudirektor DI Alexander Schrank (Stadt Salzburg Immobilien GmbH, DI Dr. Günter Kain (HTBLA Hallstatt, FH Salzburg), DI Dr. Friedrich Idam (HTBLA Hallstatt, ICOMOS Österreich), Moderator und Organisator: Mag. Hans Holzinger (Robert-Jungk-Bibliothek)
Foto: Nina Mostegl


Mag. Hans Holzinger
Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen
Strubergasse 18 | 5020 Salzburg
Tel. 0043.662.873206

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